wolf

BARF – ein Hund Wolf Vergleich- Part 2

Med. vet. Fulya Şafak

Was fressen denn nun eigentlich Wölfe in der freien Natur?

Es gibt eine relativ junge Studie aus dem Jahr 2015, die sich genau mit dieser Frage auseinander gesetzt hat. Dafür wurden 26 verschiedene Studien betrachtet, die anhand der Ausscheidungen wildlebender Wölfe Rückschlüsse auf deren Futter gezogen und ein Nährstoffprofil erstellt haben.

Die Analyse ergab, dass Wölfe hauptsächlich größere Beutetiere erlegen, je nach Region vorrangig Rehe, Hirsche, Elche, Wildschweine, Kaninchen, Kleinnager und Bieber. Es konnte aber auch die Aufnahme von Insekten, Fischen, Reptilien oder Pflanzenbestandteilen, insbesondere Gras und Beeren, nachgewiesen werden. Aus den Analysen des Kots konnten nicht nur auf die aufgenommen Futterkomponenten rückgeschlossen werden, sondern auch auf den Nährstoffgehalt des aufgenommenen Futters. Dieser ist in untenstehender Tabelle dargestellt.

Wie viel Ähnlichkeit hat eine BARF Ration mit der Ration des Wolfs?

In der nachstehenden Tabelle wird die Zusammensetzung der oben beschriebenen BARF Ration der Ration eines Wolfes gegenübergestellt.

Die Nährstoffe der Rationen sind auf 100 % Trockensubstanz (TS) bezogen. So können die verschiedenen Rationen besser miteinander verglichen werden, da nur in der Trockensubstanz Nährstoffe enthalten sind. Der Energiebedarf wird in Kilokalorien (kcal) pro kg metabolisches (met) Körpergewicht (KGW) dargestellt. Unter metabolischem Körpergewicht versteht man den stoffwechselaktiven Teil des Körpergewichts. Bei einem Körpergewicht von 35 kg liegt dieser bei 14,4 kg.

* Peterson RP & Ciucci P (2003)

+ errechnet aus aufgenommener Menge

Die durchschnittliche BARF Ration ist ärmer an Protein, dafür reicher an Fett, Kohlenhydraten und Rohasche (Mineralstoffe).

Das ist prinzipiell erstmal nicht verwunderlich, schließlich beinhaltet die durchschnittliche BARF Ration einen deutlich höheren Anteil an Obst und Gemüse, die als Kohlenhydratlieferant dienen, als die erlegte Ration des Wolfs.

Der Vergleich zeigt außerdem, dass der Wolf deutlich mehr Energie zu sich nimmt als der gebarfte Hund. Das ist naheliegend, schließlich ist der Wolf klimatischen Einflüssen ausgesetzt und muss sich sein Futter selbst erjagen, was Energie verbraucht.

Obwohl der Wolf wesentlich mehr Energie braucht, nimmt er deutlich weniger Fett pro kg TS auf. Auch das ist naheliegend, schließlich sind auch Wildtiere den klimatischen Bedingungen ausgesetzt und müssen sehr fit und muskulös sein, um den Raubtieren zu entkommen. Das führt natürlich dazu, dass sie verhältnismäßig mehr Muskeln als Fett haben. Wildfleisch ist schließlich auch für seinen geringen Fettanteil bekannt. Selbstverständlich gibt es, wie oben bereits gesagt, hier saisonale Schwankungen, da Wildtiere im Herbst einen höheren Körperfettanteil haben. Da die Zahlen des „Wolfsfutters“ einem Durschnitt aus mehreren Einzelstudien entsprechen, kann davon ausgegangen werden, dass die jahreszeitlichen Schwankungen berücksichtigt wurden.

Der Gehalt an Mengenelementen (Calcium, Natrium, Kalium und Magnesium) unterscheidet sich dahingegen kaum von der Wolfration. Auch das ist verständlich, da Mengenelemente, wie der Name schon sagt, in größeren Mengen im Körper vorkommen. Ihre Gehalte unterliegen nicht so sehr den Schwankungen der Körperzusammensetzung.

Bei den Spurenelementen hingegen sieht es anders aus. Interessanterweise bekommt der Wolf pro kg Trockensubstanz weniger Kupfer als der gebarfte Hund. Die wahrscheinlichste Erklärung hierfür ist, dass gerade Kupfer ein Spurenelement ist, das teilweise in der Natur nur in geringen Mengen vorkommt. Wenn Böden kupferarm sind, sind es auch die Pflanzen, die darauf wachsen. In der Folge nehmen die Tiere, die diese Pflanzen fressen auch weniger Kupfer auf und speichern geringere Konzentrationen. Hinzu kommt auch noch, dass Kupfer vorrangig in der Leber gespeichert wird. Die Leber macht prozentual gesehen nur einen kleinen Teil des Körpers aus, wie die Ganzkörperanalysedaten der Rehe zeigen. Unsere Nutztiere erhalten in der Regel Mineralfutter, die immer für eine ausreichende Versorgung mit allen Spurenelementen sorgen. So weisen sie selbstverständlicherweise auch höhere Kupferkonzentrationen in ihrem Körper auf.

Ähnlich verhält es sich beim Zink, wobei die Zinkkonzentration in einem Körper zusätzlich noch stark schwankt vom individuellen Zinkverbrauch. Zink spielt u.a. eine wichtige Rolle im Immunsystem, dem Wachstum und der Fortpflanzung. Hat das Beutetier also aktuell einen hohen Verbrauch an Zink, sinkt der Gehalt in seinem Körper teils deutlich. Dies gilt für unsere Haus- und Nutztiere selbstverständlich genauso.

Auch der Gehalt an Eisen ist beim Futter des Wolfs deutlich höher. Eisen ist in besonders hoher Konzentration im Blut enthalten, da es der sauerstofftransportierende Teil des roten Blutfarbstoffs, des Hämoglobins, ist. Schlachttiere sind in der Regel ausgeblutet, daher enthalten ihre Körper (und damit auch die BARF Ration) pro kg Trockensubstanz natürlich weniger Eisen.

Was bedeutet das alles fürs BARFen?

Wenn man die BARF Ration mit einer „Wolfration“ vergleicht, scheinen sie ja auf den ersten Blick nur wenige Unterschiede zu haben. Von diesem Blickwinkel betrachtet, scheint die BARF Ration natürlich biologisch artgerecht, also auch bedarfsdeckend zu sein.

Das trügerische allerdings ist, dass hier Angaben pro kg Trockensubstanz verglichen werden.

Was heißt das genau?

Jedes Lebensmittel oder Futtermittel enthält einen bestimmten Anteil Feuchtigkeit und einem bestimmten Anteil Trockenmasse. Die Nährstoffe befinden sich ausschließlich im trockenen Anteil. Will man also zwei Futtermittel miteinander vergleichen, ist es korrekt dies auf Basis der Trockensubstanz zu machen. In einem nächsten Schritt muss man aber auch berücksichtigen, wie viel von dieser Trockensubstanz überhaupt aufgenommen werden muss, damit der individuelle Energiebedarf gedeckt wird.

Deswegen muss man sich zuletzt noch die individuelle Energieversorgung von Wolf und Hund anschauen und hier klaffen die Rationen am meisten auseinander. Das heißt, der Wolf nimmt insgesamt deutlich mehr Futter auf, um seinen Energiebedarf zu decken, und damit auch wesentlich mehr Nährstoffe.

Abschließend kann man also sagen: Ja, eine BARF Ration ähnelt der Zusammensetzung des aufgenommenen Futters eines Wolfes. Daraus lässt sich aber tatsächlich noch nicht schließen, ob diese Ration für den Hund mit seinem niedrigeren Energiebedarf auch wirklich bedarfsdeckend ist.

Ich will an dieser Stelle erwähnen, dass es mir in keinem Fall darum geht, BARF Rationen oder das BARFen an sich in irgendeiner Art zu verteufeln. Mir geht es lediglich darum zu erklären, wo Probleme in der Nährstoffversorgung liegen könnten. Ob tatsächlich Nährstofffehlversorgungen bei gebarften Hunden zu erwarten sind und ob es noch andere Probleme beim BARFen geben könnte und vor allem, warum so viele Tierärzte gegen das BARFen sind, werde ich in der Blog-Reihe „Der Tierarzt und das liebe BARF“ näher beleuchten.


Dr. med vet Stephanie Schmitt
Zusatzbezeichnung Ernährungsberatung für Kleintiere
Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik

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