BARF ist in aller Munde und doch stell ich in der täglichen Praxis fest, dass nur wenige wissen, was BARF im klassischen Sinne wirklich bedeutet. Das Akronym BARF steht ursprünglich für Bones and Raw Food (Knochen und rohes Futter) oder Born again Raw Feeders (wiedergeborene Rohfütterer). Im Deutschen wird es in der Regel mit biologisch artgerechtes rohes Futter übersetzt. Das grundlegende dieser Fütterungsart steckt in jeder ausgeschriebenen Form der Abkürzung: das Futter wird roh gefüttert. Nach der ersten Bedeutung – Bones and Raw Food – sollen zusätzlich auch Knochen enthalten sein. Nur mit der deutschen Variante allerdings kann man Rückschlüsse auf die nähere Zusammensetzung ziehen: das Futter soll biologisch artgerecht sein. Diese Umschreibung ist natürlich dehnbar, denn genau genommen heißt es, dass das Futter für die Biologie des zu fütternden Tieres bedarfsgerecht (seiner Art entsprechend) sein soll. Gemeint ist hier allerdings, dass das Futter sich so nah wie möglich an der biologischen (im Sinne von in der Natur vorkommenden) Fütterung der Art orientieren soll.
Woraus besteht denn nun BARF nach oben genannten Richtlinien?
Ziel dieser Fütterungsart ist es folglich, das Futter so zusammenzustellen, dass der Hund dieselben Nährstoffe bekommt, die er bekäme, wenn er selbst Beute erlegen würde. Um zu verstehen, was alles in einer BARF Ration enthalten sein muss, sollte man sich also zunächst anschauen, woraus ein Beutetier besteht. Eine pauschale Antwort gibt es hier natürlich nicht. Denn DIE Beute existiert nicht. Selbstverständlich hat jedes Beutetier, ob Reh, Hirsch, Kaninchen, Maus oder Fasan Muskeln, innere Organe, Knochen und Haut. Wie hier aber genau die Zusammensetzung ist, ist abhängig vom Alter des Tieres und v.a. auch von der Jahreszeit, in der es gerissen wird. Tiere im Herbst haben einen höheren prozentualen Fettanteil, Tiere im Spätwinter einen deutlich niedrigeren, weil sie ihre angefressenen Fettreserven selbst verbraucht haben.
In einer Studie wurde die Körperzusammensetzung von wildlebenden Rehen analysiert. Durchschnittlich zeigten sich hier Werte von etwa 51% Muskeln, 13% innere Organe (Leber, Niere, Lunge, Milz, Magen-Darmtrakt, Gehirn), 12% Fett, 8% Knochen, 6% Blut, 5% Haut, 5% andere Bestandteile (Knochenmark, Rückenmark, Geweih, u.a.). Neben Beutetieren fressen wildlebende Caniden aber auch pflanzliche Bestandteile, wenn auch zu einem kleineren Teil und in Abhängigkeit vom Nahrungsangebot an Beutetieren.
Ziel des BARFens ist es, dem Haushund, dem man kein ganzes Reh vorsetzen kann, aus verschiedenen Bestandteilen eine Ration zusammenzustellen, die in ihrer Zusammensetzung einem Reh ähnelt. Dabei soll der Hund anders als bei der Fütterung mit einem Alleinfuttermittel gar nicht jeden Tag alle Nährstoffe erhalten, sondern genau wie der Wolf über mehrere Tage oder sogar Wochen. Grundüberlegung ist hierbei, dass diese Zusammensetzung bedarfsdeckend sein muss, da ja Wölfe, von denen unsere Hunde abstammen, mit diesem Futter und dieser Art der Nährstoffaufnahme ein paar Jahrtausende Evolution überstanden haben.
Eine klassische BARF Ration wird erstellt, indem man 2-3 % vom aktuellen Körpergewicht (je nach Aktivität) des Hundes berechnet und dies als Grundlage für die Gesamtmenge der Tagesration sieht. Von dieser Gesamtmenge sollen 80 % tierischen Ursprungs, 20 % pflanzlichen Ursprungs sein. Den tierischen Anteil teilt man erneut auf in 50 % Muskelfleisch (mit einem Fettanteil von mind. 15 %), 20 % Pansen, 15 % Innereien, 10 % Knochen. Vergleicht man diese Aufteilung mit den Daten wildlebender Rehe, weichen sie etwas ab. Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass vom Beutetier nicht alle Anteile gefressen werden und man sollte auch nicht außer Acht lassen, dass manche Bestandteile schlicht und ergreifend sehr schwer zu bekommen wären, z.B. Rückenmark, Gehirn oder auch frische Haut.
Muskelfleisch liefert allem voran Protein, aber auch Mengenelemente wie Phosphor, Magnesium, Kalium und Natrium. Es enthält auch einen relativ hohen Anteil an Eisen, der jedoch sehr starke tierartliche Unterschiede aufweist. Fett dient der Energielieferung, aber auch der Verdauung der fettlöslichen Vitamine und hat in Form von den essentiellen Fettsäuren viele Funktionen im Körper. Innereien, inkl. Pansen, sind besonders reich an Vitaminen und Spurenelementen. Besonders hervorzuheben ist hierbei der hohe Vitamin A Gehalt in der Leber. Neben Vitamin A hat die Leber auch den höchsten Kupfergehalt aller Organe. Die Milz ist besonders reich an Eisen und Natrium. Die Nieren weisen einen hohen Gehalt an B-Vitaminen und einen relativ hohen Gehalt an Vitamin A auf. Knochen sind essentiell für die Versorgung mit Calcium, aber auch mit Phosphor.
Der pflanzliche Anteil in der Ration hat vor allem die Funktion von Ballaststoffen und das Zuführen sogenannter sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe. Viele Gemüsesorten enthalten zwar auch viel Kalium, aber das bekommen gebarfte Hunde in der Regel in ausreichender Menge durch das Fleisch. Hunde können, im Gegensatz zu Katzen, Vitamin A aus Beta-Carotin bilden, das in einigen Gemüsesorten enthalten ist. Da ihnen aber auch Leber gefüttert werden sollte, um die Versorgung mit Spurenelementen und anderen Vitaminen zu decken, kann die Versorgung mit pro-Vitamin A durch Gemüse vernachlässigt werden. Ein viel wichtigerer Stoff ist das in der Zellwand von Pflanzen enthaltene Pektin. Diese Faser ist für Hunde unverdaulich, sie wird aber von den Darmbakterien im Dickdarm fermentiert. Das ernährt zum einen die guten Darmbakterien, was pathogene Darmbakterien verdrängt, zum anderen entstehen als Abfallprodukt kurzkettige Fettsäuren, die ihrerseits die Darmwand ernähren. Alles in allem sorgen die fermentierbaren Fasern der pflanzlichen Bestandteile also für eine gesunde Darmflora. Vorsichtig muss man sein mit Gemüsesorten, die viele Fünffachzucker (Pentosen) enthalten, da diese – genau wie bei uns Menschen – Blähungen verursachen. Hierzu zählen z.B. alle Hülsenfrüchte.
Wie sollte so eine BARF Ration im Detail gestaltet sein?
Die grundlegende Regel beim BARFen lautet für Abwechslung sorgen. Die Konzentrationen an Mineralstoffen und Vitaminen in den Organen unterscheiden sich teilweise erheblich. Grundgedanke ist, wenn man möglichst viele verschiedene Tierarten durchwechselt, bekommt der Hund über einen längeren Zeitraum alle Nährstoffe, die er braucht.
Für das Beispiel, das im Folgenden näher beleuchtet werden wird, habe ich einen 35 kg Hund gewählt. Dies entspricht dem durchschnittlichen Gewicht der Wölfe der unten genannten Studie. Die Beispielration setzt sich zusammen aus Fleisch mit 15 % Fettanteil vom Rind, Huhn, Pute, Schaf, Lamm, Ente und Gans; Rinderpansen; Leber von Huhn, Rind, Lamm, Ente, Schaf und Wild; Lunge und Milz von Rind, Lamm, Schaf und Kalb; Niere von Rind, Schaf und Kalb; Herz von Huhn, Kalb, Rind und Schaf; fleischige Knochen von Huhn, Lamm, Kalb, Rind, Wild und Kaninchen. Ergänzt wurde die Ration um verschiedene Gemüse- und Obstsorten, Lachsöl, Leinöl und Seealgenmehl.
Dr. vet. med. Stephanie Schmitt
Zusatzbezeichnung Ernährungsberatung für Kleintiere
Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik
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